Zufälligerweise schon mal was von Tempeh gehört? Als Kreuzworträtsel-Profi oder Veganer wüssten Sie jetzt wahrscheinlich sofort, wovon ich spreche. Wenn Sie aber lieber stricken, Golf spielen oder Pokemons sammeln, dann haben Sie ziemlich sicher keine Ahnung. Macht nix. Ich verrate es Ihnen: Es handelt sich nicht um indische Tempeltänzerinnen, sondern um ein essbares, traditionelles Fermentations-Produkt aus Indonesien, das durch das absichtliche Beimpfen von gekochten Sojabohnen mit Schimmelpilzen entsteht.
Die Mission von Edelschimmelpilzen: Konservieren und Aroma bilden
Sollte Sie das jetzt grad ein bisschen anekeln, lesen Sie bitte noch einen Moment weiter, bevor Sie wegzappen. Denn bei den Tempeh-Schimmelpilzen handelt es sich nicht um die fiesen Pilzfäden, die sich auf unserer Konfi oder in altem Brot einnisten und mit ihren Mykotoxinen unsere Gesundheit gefährden. Sondern um Edelschimmel derjenigen Sorte, die auch bei der Herstellung von Camembert, Luma-Beef, Bündnerfleisch oder italienischer Salami eingesetzt werden. Alte Bekannte sozusagen. Ihre Mission: Konservieren und Aroma bilden.
Warum Sojaprodukte in fermentierter Form konsumiert werden sollten
Beim Tempeh machen die wirklich netten Pilze mit dem putzigen Namen Rhizopus aber noch viel mehr als das: sie bauen auch die blähenden Giftstoffe ab, die von Natur aus in der Sojabohne vorkommen und die Verdauung oder die Aufnahme wichtiger Vitamine behindern können.
Schon mal drauf geachtet? In asiatischen Ländern werden zwar täglich Sojaprodukte konsumiert, hauptsächlich aber in fermentierter Form. Eben deshalb. Das bedeutet für uns als Konsumenten: Lieber Tempeh, Miso, Sojayoghurt, Shoyu, Tamari oder Natto statt Tofu, TVP (industriell hergestellter Fleischersatz), Sojasahne oder Sojamilch.
Sojamilch: ein hochverarbeitetes Industrieprodukt und genauso künstlich wie Cola
Zu kompliziert? Es geht auch einfacher: Sojamilch – vor der Mandelmilch bis vor kurzem die bevorzugte Basis im Latte jedes It-Girls – ist ganz und gar nicht das neue Nonplusultra als das es oft gepriesen wird. Auch dank lautstarker Intervention von Starköchin Sarah Wiener wissen breite Bevölkerungsschichten inzwischen: Sojamilch ist ein hochverarbeitetes Industrieprodukt und genauso künstlich wie Cola. „Kochen und drücken sie Sojabohnen einmal aus – die Brühe ist kaum trinkbar“, sagt Wiener und behauptet, vegan sei auch keine Lösung. Denn ein veganes Leben per se fördere weder anständige Tierhaltung noch biologische oder regionale Produktion, sondern könne ebenso Klima und Umwelt schaden.
Warum in der Fleischindustrie ohne Soja (fast) nichts mehr geht
Die weltweite Nachfrage nach Soja ist so exorbitant angestiegen, dass in den letzten Jahrzehnten für den Anbau Millionen Hektaren an Grasland, Savanne und Regenwald abgeholzt wurden -– insbesondere in Südamerika. Was Wiener allerdings verschweigt, ist, dass Lebensmittel laut UNO nur 6% der weltweiten Soja-Produktion ausmachen. Der Löwenanteil von 75% wird für die Tierfutterproduktion von Schlachttieren verwendet, die ohne Soja nicht mehr denkbar wäre. Beispiel gefällig? Um (zusammen mit anderen Futtermitteln) ein Kilo Geflügelfleisch zu erzeugen, wird fast ein Kilo Soja benötigt.
Vorsicht vor Hexan bei vegetarischen Burgern und Fleischersatzprodukten
Sojabohnen werden auf riesigen Flächen mit Hilfe von Maschinen und Pestiziden angebaut. Ein Grossteil davon ist gentechnisch manipuliert. Zudem enthalten viele konventionelle Sojaprodukte Nervengift, auch diejenigen, die wir direkt essen: Bei der industriellen Herstellung der Grundmasse von vegetarischen Burgern, vegetarischem Gulasch oder Hackfleisch aus konventionellem Soja wird oft Hexan eingesetzt. Das ist daran erkennbar, dass auf der Verpackung unter „Inhaltssttoffe“ Angaben wie z.Bsp. Sojaproteinisolate, Sojaproteinkonzentrate oder TVP stehen.
Hexan ist ein chemisches Lösungsmittel, das als Nebenprodukt bei der Raffination von Benzin entsteht und als starkes Umweltgift gilt. Es kann beim Menschen schwere Nervenschäden und Hautirritationen verursachen, wird aber in der Produktion eingesetzt, um das Sojaöl vom Sojaprotein zu lösen.
Und Hexan kann sogar in Verpackungen stecken, wo „natürlich“ drauf steht. Dies ist nämlich kein geschützter Begriff, der deshalb oft verwendet wird, um Konsumenten absichtlich irrezuführen. Lediglich in Bioprodukten darf Hexan nicht verwendet werden. Wählen Sie also solche, um auf Nummer sicher zu gehen. Natürlich auch beim Tempeh.
Die gesundheitlichen Vorteile von Tempeh
Tempeh ist frei von Cholesterin, reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und an B-Vitaminen und enthält zudem viel Eiweiss, Eisen, Kalzium und pro 100 Gramm immerhin die Hälfte des täglichen Magnesiumbedarfs eines Erwachsenen. Leider ist Tempeh hierzulande noch immer ein Nischenproduket und deshalb noch nicht überall erhältlich. Man findet es am ehesten in Asialäden, in der Hiltl „Vegi-Metzg“ in Zürich oder online – zum Beispiel hier oder hier. Sein Geschmack wird oft als nussig beschrieben und soll in der geräucherten Variante etwas intensiver sein. Dennoch mariniert man es vor der Zubereitung idealerweise 24 Stunden oder über Nacht – so auch in diesem Rezept.
In Balsamico mariniertes Tempeh ist durchaus eine valable und schmackhafte Alternative zu Fleisch, von dem wir hierzulande pro Kopf noch immer weit mehr als 50 kg pro Jahr konsumieren. Zuviel, um nachhaltig zu sein. Zuviel auch, um uns als Land selbst versorgen zu können. Maximal 80 Prozent der mehr als 400’000 Rinder, rund 300’000 Kälber, 3,1 Millionen Schweine und über 100 Millionen Hühner, die in der Schweiz jährlich zur Schlachtbank geführt werden, stammen aus hiesiger Produktion.
Warum wir mit (fast) jedem Schnitzel auch ein Stücke Natur vernichten
Beim Futtermittel liegt der Selbstversorgungsgrad gar bei unter 50 Prozent. Jährlich werden mehr als 1,1 Millionen Tonnen aus dem Ausland importiert – der grösste Teil in Form von Sojaschrot. Gemäss „Bilanz“ erfordert der Anbau im Ausland eine Fläche von 200’000 bis 250’000 Hektaren Land. Das entspricht der gesamten Ackerfläche der Schweiz. Mit jedem Schnitzelchen vernichten also indirekt auch wir unwiderruflich ein Stück Lebensraum und Natur.
Hinzu kommt, dass auch in der Schweiz trotz strenger Tierschutzgesetze immer mehr Tiere zusammengepfercht in grossen Anlagen leben und in zentralisierten Schlachthäusern in Fliessbandmanier getötet werden, um unseren riesigen Fleischhunger zu stillen, was dazu führt, dass immer mehr Tiere krank werden und medikamentöse Behandlungen erfordern.
Die Auswirkungen von flächendeckendem Antibiotika-Einsatz in der Nutztierhaltung
In Österreich werden laut Greenpeace mehr Antibiotika an Tiere verabreicht als an Menschen. Der Einsatz von Antibiotika ist in diesen Haltungsformen aber praktisch unvermeidbar: Milchkühe leiden aufgrund ihrer angezüchteten, hohen Milchleistung unter chronischen Euterentzündungen. Geflügel legt artig Eier im Akkord, kann aber ohne Arzneimittel nicht ausreichend lange überleben. Und Kälber leiden unter Dauerdurchfall, der gemeinsam mit chronischen Atemwegserkrankungen eine der häufigsten Herausforderungen im Stall darstellt.
Nichtsdestotrotz drängt die florierende Nachfrage weiterhin auf Wachstumsbeschleunigung und Leistungssteigerung. Mehr als 430’000 Tonnen Fleisch gehen hierzulande jährlich über den Ladentisch, obwohl bekannt ist, dass der übermässige Verzehr von Fleisch nicht nur ethisch fragwürdig, sondern auch mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Ein hoher Konsum von Fleisch und Wurstwaren wirkt zusammen mit dem regelmässigen Verzehr vorgefertigter Nahrungsmittel, chronischem Bewegungsmangel und dem Konsum von Alkohol und Kaffee extrem säurebildend.
Die lange unsichtbaren Folgen eines unausgeglichenen Säure-Basen-Haushalts
Ein unausgeglichener Säure-Basen-Haushalt jedoch ist die ursprüngliche Ursache der meisten Gesundheitsprobleme. Oft spürt man diese lange nicht, weil der Organismus über Jahrzehnte versucht, sie zu kompensieren. Aber irgendwann machen sie sich bemerkbar. Zunächst, wenn man Glück hat, lediglich in Form von Falten oder Cellulite (die optische Form von Stoffwechselgiften, die der Organismus ohne die entsprechenden Basen nicht ausleiten kann und deshalb zwischenlagern muss). Oft können aber auch Arthritis, Arthrose, Gallensteine, Bluthochdruck, ein Herzinfarkt oder gar ein Schlaganfall und Krebs die Folge sein.
Ernährungsempfehlung: Pro Woche nicht mehr als 500 Gramm Fleisch
Ernährungsberater empfehlen, pro Woche nicht mehr als 500 Gramm Fleisch zu essen und verarbeitetes Fleisch wie Würste, Schinken oder Salami möglichst zu meiden. Alle lebenswichtigen Inhaltsstoffe von Fleisch können bei ausgewogener Ernährung auch aus pflanzlichen Quellen und (wenn man sie verträgt) Milchprodukten zugeführt werden.
Würden nur 3 Millionen Schweizer auf zwei Fleischmahlzeiten pro Woche verzichten, hätte dies bezüglich der Reduktion der gehaltenen und getöteten Nutztiere die gleiche Wirkung, wie wenn 900 000 Bürger dauerhaft als Vegetarier lebten. Am Ende liegt die Entscheidung und Verantwortung jedoch im Ermessen jedes Einzelnen. Fakt ist: Wir essen viel zu wenig Gemüse und viel zu viel Fleisch. Mit Rezepten wie diesem und vielen anderen in meinem Blog hoffe ich, auch für unverbesserliche Fleischtiger einen Anreiz zu schaffen, an mindestens 2-3 Abenden pro Woche mit Genuss auf tierische Produkte zu verzichten. Ich hoffe, es gelingt mir!
Rezept in Balsamico mariniertes Tempeh Steak (für 4 Personen)
- 1 Packung Bio-Tempeh, nature oder geräuchert – ja nach Vorliebe
- 8 EL hochwertiger Ahornsirup
- 8 EL Aceto Balsamico
- 3 TL Olivenöl
- 4 EL Tamari (oder Sojasauce)
- 3 Knoblauchzehen, zerdrückt
- 1 grosses Stück Brokkoli, gedämpft, aber noch bissfest
- eine handvoll Sesamsamen
- ein Stück Kokosbutter zum Anbraten
Rezept Kürbis-Kokos-Curry-Reis
- 200 ml Kokosmilch
- 250 ml Gemüsebouillon
- 225 g Reis (oder Vollkornreis, dann verdoppelt sich die Kochzeit)
- 200 g Kürbis, weichgekocht und mit einer Gable zerdrückt
- Meersalz
- frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- Kurkuma
- Currypulver
- evtl. eine Prise Cayennepfeffer
Am Morgen oder am Vortag, respektive am Vorabend: Das Tempeh aus der Verpackung nehmen, abspülen und je nach Form breitseitig halbieren, so dass man zwei rechteckige Stücke von ca. 1.5m cm Dicke erhält. Für die Triangel-Form die Tempeh-Rechtecke wie folgt mit einem Messer zerschneiden: Erst waagrecht und horizontal halbieren, dann kreuzweise in der Diagonale. Das ergibt ingesamt 8 Triangel pro Rechteck. Diese in einer flachen Schale, z.Bsp. einer Gratinform verteilen.
Für die Marinade in einer Schüssel Ahornsirup, Balsamico, Tamari, Olivenöl und Knoblauch verrühren. Über die Triangel giessen. Die Marinade mit Hilfe eines Pinsel auf allen Seiten gut in das Tempeh einarbeiten. Zugedeckt im Kühlschrank 2-24 Stunden marinieren lassen. Es gilt: Je länger, desto geschmackvoller das Resultat. Zwischendurch ein paar Mal gut umrühren.
Wenn das Tempeh bereit ist, den Reis zusammen mit der Bouillon, der Kokosmilch und dem zerdrückten Kürbis in einem mittelgrossen Topf aufkochen lassen. Dann auf mittlerer Temperatur gar kochen – regelmässig umrühren! Mit Salz, Pfeffer, Kurkuma, Cayennepfeffer und einer grosszügigen Portion Curry nach Gusto abschmecken. Die Kochzeit beträgt zirka 15-20 Minuten. Idealerweise ist der Reis am Ende bissfest. Sollte er vor dem Tempeh fertig gekocht sein, einfach von der Herdplatte ziehen und zugedeckt zur Seite stellen.
Für das Tempeh ein Stück Kokosbutter in einer grossen Bratpfanne erhitzen. Sobald es leicht dampft das Tempeh mit Hilfe eines Pfannenhebers aus der Marinade nehmen und gleichmässig in der Bratpfanne verteilen. Die Marinade zur Seite stellen. Auf jeder Seite 4-5 Minuten goldbraun backen. Dann die Marinade über die Triangel giessen, und unter regelmässigem Umrühren weitere 5 Minuten glasieren.
Zwischen dem Reis und dem gedämpften Brokkoli auf (warmen) Tellern anrichten. Mit (geröstetem) Sesam bestreuen und mit ein paar Tropfen Balsamico dekorieren. Sofort servieren.
Das ursprüngliche Rezept stammt vom Blog Eating Bird Food. Ich habe es leicht abgeändert.