Ich geb’s zu. Der Dauerregen ist mir aufs Gemüt geschlagen. Mir fehlt die Sonne, mir fehlt die Hitze. Ich fühle mich um den (eh schon viel zu kurzen) Sommer betrogen und die Möglichkeit, im luftigen Kleidchen an den See zu radeln, um dort ein Paddelboard zu mieten, mit den Enten um die Wette zu schwimmen und hinterher unter freiem Himmel und dem tosenden Gezirpe der Grillen auf den Bänken des Fischers Fritz zu sitzen und ein Glas Côte de Provence zu trinken als wäre ich an der südfranzösischen Riviera.
Statt dessen hocke ich noch immer in Ugg Boots Zuhause und schaue zu, wie meine Kräuter im Garten ersaufen. Mein Mann hat uns neulich passend zur Jahreszeit ein Fondue gemacht: 50% rezenter Gruyère, 25% Appenzeller, 25% Vacherin. Dieses erwärmte unser Herz wenigstens einen Abend lang von innen – zusammen mit einer ordentlichen Portion Kirsch versteht sich. Aber dann, als der Himmel doch wieder grau daherkam am Morgen danach, musste ein neuer Zauber her, um den nächsten Anflug von Schwermut zu überwinden.
Man kann sich gar nicht vorstellen, dass dieser sündige Traum tatsächlich ohne Zucker und Sahne auskommt
Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich schon seit Wochen ständig neue Dessert-Variationen bereits zum Frühstück ausprobiere. Ich produziere eine kulinarische Schweinerei nach der anderen und erkenne mich selbst nicht mehr. Die Fotos davon landeten zur Verdauung auf Instagram oder Facebook, sind dort aber auf soviel Gegenliebe gestossen, dass ich hiermit einem vielseitigen Wunsch nachkomme, und das Rezept meines derzeitigen Favoriten preisgebe: Espresso Chia mit karamellisiertem Amaranth und Stracciatella Eis.
Dieser süsse Traum hat nicht nur eine antidepressive Wirkung. Er ist so sündig lecker, dass man sich gar nicht vorstellen kann, dass er ganz ohne Sahne und herkömmlichen Zucker auskommt. Man könnte fast sagen, er sei gesund. Wäre nicht mal gelogen, denn letztlich besteht er nur aus Bananen, Datteln, Chiasamen, dem Pseudogetreide Amaranth, Espresso, Kokosmilch, wenig Kokosblütensirup und ein paar Cacaonibs. Diese haben mit herkömmlicher Schokolade nichts gemein, denn sie stammen von der Kakaobohne in ihrer Urform, so, wie sie der Eroberer Hernan Cortés im 15. Jahrhundert nach Spanien brachte.
Die gesundheitlichen Vorteile von rohem Kakao, einem Superfood
Roher Kakao schmeckt zwar etwas bitterer als sein mit Rahm und Zucker veredelter Ur-Enkel aus dem Supermarkt, hat dafür aber eine hohe Konzentration an Antioxidantien und enthält die „Glücksbotenstoffe“ Dopamin und Serotonin. Deshalb sorgt Kakao in seiner puren, nicht erhitzten Form für Entspannung, reduziert Stress und steigert das allgemeine Wohlbefinden; außerdem senkt er das Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken. Roher Kakao wird als ganze Bohne, als Kakaonibs (2-3 mm große, gebrochene Splitter) oder als Pulver angeboten. In Kombination mit der natürlichen Süsse der Datteln und den gefrorenen Bananen in diesem Rezept verflüchtigt sich die Bitterkeit jedoch, man hat auf dem Gaumen wahrhaftig das Gefühl, echtes Stracciatella-Eis zu essen.
Chiasamen und Knusper-Amaranth bieten eine schier unglaubliche Fülle an leicht verwertbaren Vital- und Nährstoffen
Die Basis der Schlemmerei besteht aus Chiasamen, die für einmal nicht mit Milch oder Wasser, sondern mit einem kräftigen Shot Espresso eingeweicht wurden. Der Kaffeegeschmack harmoniert grandios mit dem Stracciatella-Aroma und der Karamell-Note des Knusper-Amaranths. Die kleinen Körnchen bergen eine schier unglaubliche Fülle an leicht verwertbaren Vital- und Nährstoffen. Ihr Name stammt übrigens aus dem griechischen amàranthos und bedeutet so viel wie „nicht welkend“ oder „unsterblich“ – na, wenn das mal kein Versprechen ist! In gepuffter Form eignen sie sich wunderbar als Frühstücksbasis. Wenn man sie mit wenig Kokosblütensirup (oder Kokosblütenzucker) in der Pfanne kurz röstet und abkühlen lasst, werden sie knusprig und erhalten einen karamellähnlichen Geschmack. Kokosblütensirup deshalb, weil er gesünder ist als herkömmlicher Zucker. Er verfügt über einen niedrigen glykämischen Index, was bedeutet, dass er den Blutzuckerspiegel nicht so stark und schnell ansteigen lässt wie andere Süssstoffe. Ausserdem ist er reich an Kalium, Magnesium, Eisen, Bor, Zink, Schwefel und Kupfer.
Zum Frühstück, zum Dessert oder einfach zwischendurch anstelle eines Frappuccinos – ich kann mich derzeit nicht satt essen an meinem Espresso Chia mit Karamell Amaranth und Cacaonibs und habe ihn bereits in vielen Varianten ausprobiert. Er schmeckt auch ohne Chiasamen nur mit Stracciatella-Eis und Amaranth. Wer keine Lust auf Stracciatella-Eis hat, verwendet normales Bananeneis und verfeinert dieses mit Vanilleextrakt. Und wer keinen Kaffeegeschmack mag, weicht seine Chiasamen halt einfach mit Kokos- oder Mandelmilch ein – seid kreativ Leute und lasst Eurer Fantasie freien Lauf!
Ich träume in der Zwischenzeit unverhofft weiter. Vom Sommer und meinen ungetragenen Bikinis, in die ich hoffentlich noch immer perfekt reinpasse.
Rezept Espresso Chia mit Karamell Amaranth und Cacaonibs (für 2 Personen):
- 2 in Scheibchen geschnittene und über Nacht oder für mindestens 4 Stunden tiefgefrorene Bananen (ich habe davon immer eine ganze Menge vorrätig, ich kaufe reichlich Bananen ein und friere sie portionenweise ein, wenn sie reif sind)
- 6 EL gepufftes Amaranth
- 6 EL Chiasamen
- 3 Medjool Datteln (oder 6 normale)
- 1 dl starker Espresso
- 1 – 1.5 dl Kokosmilch oder Mandelmilch (oder normale Milch)
- 2-3 EL Cacaonibs
- 2-3 EL Kokosblütensirup
- ein paar Mandelstifte zum Dekorieren
- 1 leistungsstarker Mixer
Die Chiasamen in ein Glas geben und mit dem Espresso übergiessen, mindestens eine halbe Minute mit einem Kaffeelöffel gut umrühren, allenfalls noch wenig Wasser hinzufügen. Für mindestens 10 Minuten quellen lassen.
Den Kokosblütensirup in einer kleinen Pfanne erhitzen, das gepuffte Amaranth und die Mandelstifte hinzufügen, die Temperatur herunterschalten, 1-2 Minuten in der Flüssigkeit schwenken. Auskühlen lassen, damit die Masse knusprig wird.
Die Datteln entsteinen, in Stücke schneiden und in einer Tasse mit kochendem Wasser übergiessen, so dass sie gerade mit Flüssigkeit überdeckt sind. Ein paar Minuten stehen lassen. Anschliessend die tiefgefrorenen Bananen aus dem Tiefkühler holen und bei Zimmertemperatur antauen lassen.
Die Chiasamen in zwei Gläser oder Schälchen verteilen. Die Datteln abgiessen und zusammen mit den Bananen in einen Mixer geben. Ungefähr 1 dl Kokosmilch (oder andere Milch) dazu giessen, vorsichtig zu einer homogenen Masse mixen. Wenn der Mixer stockt, allenfalls noch ein wenig Milch nachgiessen. Sobald die Masse anfängt, cremig zu werden und sich in vier Teile zu teilen, die Cacaonibs hinzufügen, und den Mixer für weitere 20-30 Sekunden laufen lassen.
In jedes Schälchen 1-2 Esslöffel Stracciatella Eiscreme über die Chiasamen geben, gut umrühren und vermischen. Den Rest der Eiscreme über der Chiasamen-Masse verteilen. Das abgekühlte, gepuffte Amaranth drüber geben und sofort geniessen.
Die Grundidee zu diesem Rezept stammt aus dem Blog eatbetternotless. Dort findet man ähnliche Kreationen und mehr.